Der mit 10.000 Euro dotierte Clemens-Brentano-Preis für Literatur der Stadt Heidelberg geht an den Schriftsteller Levin Westermann. Er erhält den Preis für seinen Lyrikband „bezüglich der schatten“ (Verlag Matthes & Seitz Berlin, 2019). Trotz schwieriger Rahmenbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie hatten sich die Stadt und die Jurymitglieder darauf geeinigt, den Preis in diesem Jahr nicht auszusetzen, sondern die Jurysitzung zur Preisvergabe digital über Videokonferenz abzuhalten.
Intime Auseinandersetzung mit der Zerstörbarkeit von Leib und Natur
In der Jury-Begründung heißt es: „Levin Westermanns Texte leben von suggestiven Bildern, vom Rhythmus der Sprache und der Arbeit am Klang. Zum postapokalyptischen Sound und einer intimen Auseinandersetzung mit Trauer und Verzweiflung angesichts der Zerstörbarkeit des Leibes sowie der Natur gesellen sich Humor und sprachlicher Glanz. Die Gedichte nehmen jedes einzelne Wort ernst und fügen sich zu Zyklen mit einer jeweils eigenen Form. Dabei bewegen sie sich in einem weiten Raum literarischer Tradition.“
Levin Westermann wurde 1980 in Meerbusch geboren, studierte an der Hochschule der Künste Bern und lebt als freier Schriftsteller in Biel. Seine Gedichte wurden in Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht. 2010 gewann er den Lyrikpreis beim 18. Open Mike. Sein Debütband „unbekannt verzogen“ erschien Ende 2012 bei luxbooks. 2013 hatte er ein Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlins inne. 2014 erhielt er den Orphil-Debütpreis der Stadt Wiesbaden. 2017 erschien bei Matthes & Seitz Berlin sein zweiter Lyrikband 3511 Zwetajewa. 2020 wählte ihn die Stadt Tübingen als neuen Stadtschreiber aus.
Einzigartig: Profikritiker und Studierende als Juroren
Seit 1993 wird der mit 10.000 Euro dotierte Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg jährlich im Wechsel in den Sparten Lyrik, Erzählung, Essay und Roman an deutschsprachige Autorinnen und Autoren vergeben, die mit ihren Erstlingswerken bereits die Aufmerksamkeit der Kritiker und des Lesepublikums auf sich gelenkt haben. Deutschlandweit einzigartig ist, dass die Preisjury sowohl mit professionellen Literaturkritikerinnen und -kritikern als auch mit Studierenden des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg besetzt ist.
Der diesjährigen Brentano-Preis-Jury gehören als professionelle Jurymitglieder an: Thorsten Dönges (Literarisches Colloquium Berlin), Dr. Christine Lötscher (Literaturkritikerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Zürich), Martina Senghas (Hörfunkjournalistin, SWR Mannheim) sowie Dr. Jan Wiele (Feuilleton- und Literaturredakteur der FAZ). Als studentische Jurymitglieder waren Rebecca Hoppe, Johanna Graziotto und Alina Jacobs beteiligt.
Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des Clemens-Brentano-Preises sind: Gianna Molinari, Philipp Stadelmaier, Jan Snela, Thilo Krause, Saskia Hennig von Lange, Maximilian Probst, Philipp Schönthaler, Alexander Gumz, Wolfgang Herrndorf, Sven Hillenkamp, Andreas Stichmann, Felicia Zeller, Ann Cotten, Clemens Meyer, Stefan Weidner, Anna Katharina Hahn, Raphael Urweider, Andreas Maier, Doron Rabinovici, Sabine Peters, Hendrik Rost, Oswald Egger, Norbert Niemann, Benjamin Korn, Daniel Zahno, Jörg Schieke, Barbara Köhler, Gabriele Kögl und Günter Coufal.
Der Preis wird voraussichtlich am Mittwoch, 22. Juli 2020, um 19 Uhr im Spiegelsaal des Prinz Carl in Heidelberg überreicht. Am Vorabend der Verleihung, am 21. Juli 2020, wird der Preisträger um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Heidelberg aus seinem Werk lesen.