Rathauschefs der nördlichen Bergstraße ringen weiter um eine Sonderbauförderung für ein neues BIZ in Hemsbach – und sind frustriert
Hemsbach/Laudenbach/Weinheim. Ein Oberbürgermeister und zwei Bürgermeister sind schwer enttäuscht und zwischenzeitlich der Verzweiflung nah. Weinheims OB Manuel Just, sowie Jürgen Kirchner in Hemsbach und Benjamin Köpfle aus Laudenbach wollen ihre Verärgerung jetzt nicht mehr zurückhalten, zumal die Öffentlichkeit Transparenz in dieser Angelegenheit erwarten könne, finden sie. In Hemsbach, wo seit vielen Jahren um den Neubau des Schul-Bildungszentrums (BIZ) gekämpft wird, lasse das Land seine Bürger im Stich – die Kommunalpolitiker, Schulleitungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, die Eltern. Alle Reden und Versprechungen von guter Bildung und von einer gerechten Verteilung der Ressourcen im Land seien nun an der nördlichen Bergstraße „völlig unglaubwürdig geworden“, wie Hemsbachs Bürgermeister Jürgen Kirchner erklärt.
Ein Schreiben aus dem Stuttgarter Staatsministerium vom 25. November (als Antwort auf zwei eindringliche Briefe an Ministerpräsident Winfried Kretschmann vom Juni 2021 und September2022) hat die Rathauschefs und Vorsitzenden des Schulverbandes Nördliche Bergstraße jetzt noch einmal zusätzlich verärgert. Mit dem darin vorgezeichneten Weg seien die Kommunen gezwungen, für den dringend notwendigen Schulneubau ein Finanzierungsmodell in Gang zu setzen, das nachweislich nicht zum Ziel führen könne, weil es die drei Kommunen in eine bedrohliche und ungesetzliche finanzielle Schieflage bringen würde. Jetzt müsse eine Summe in siebenstelliger Höhe ohne nachhaltigen Nutzen in Anspruch genommen werden. Gleichzeitig drohe die Gefahr, dass eine in Aussicht gestellte Zuwendung einer angesehenen Stiftung in Millionenhöhe nicht fließen wird. „Wir hätten nicht geglaubt, dass in Stuttgart eine solche Ignoranz und Unkenntnis gegenüber kommunalem Handeln herrscht“, schütteln Just, Kirchner und Köpfle den Kopf.
An der nördlichen Bergstraße brennt das Problem allen auf den Nägeln. Über dem alten „BIZ“, vor über 40 Jahren auf einer Mülldeponie gebaut, hängt ein Damoklesschwert. „Heute können wir sagen, der Schulbetrieb ist sicher. Eine Kernsanierung von Gelände und Gebäude ist jedoch aufgrund der Altlastenproblematik ausgeschlossen“, erläutert der Verbandvorsitzende und Hemsbacher Bürgermeister Jürgen Kirchner. Für die gegenwärtig im alten Gebäude sowie in der ebenfalls renovierungsbedürftigen Schillerschule rund 1300 Schülerinnen und Schüler, vor allem aber für die folgenden Jahrgänge gelte es, die in einem aufwendigen Moderationsprozess einmütig gefundene zukunftsweisende Lösung zu realisieren: Runter vom kontaminierten Gelände und ein Neubau aller Schularten auf einem unbelasteten Gelände, über das sich die Kommunen im Übrigen bereits geeinigt haben.
Das Schreiben vom 25. November kommt den Bürgermeistern wie ein Hohn vor. Dr. Florian Stegmann, Leiter der Staatskanzlei, belehrt die Bürgermeister, die sich an den Regierungschef gewandt hatten, zunächst in den Zuständigkeiten. Für die Schulbauförderung im Land sei nicht der Ministerpräsident zuständig, sondern das Kultusministerium. Die Umsetzung der Verwaltungsvorschrift liege in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums.
Das wiederum ist in den Rathäusern selbstverständlich keineswegs eine neue Erkenntnis.
Denn genau das ist der Punkt: Der Neubau eines BIZ ist für den Schulverband und seine drei Trägerkommunen Hemsbach, Laudenbach und Weinheim über die übliche Schulbauförderung und die kommunalen Haushalte definitiv nicht abzubilden. Die Baukosten werden im Moment auf etwa 80 Millionen Euro geschätzt, basierend auf der tatsächlich vorhandenen Schülerzahl und den dafür gemäß Raumprogramm benötigten Räumen. Der Löwenanteil ist aus Laudenbach und Hemsbach zu begleichen; damit würde das Land beide Kommunen in den Ruin treiben. Das steht seit Langem schon fest, spätestens seitdem sich Landrat Stefan Dallinger schon vor zwei Jahren dazu klar geäußert hat: Zumindest die Haushalte der Gemeinden Hemsbach und Laudenbach wären dann nicht mehr genehmigungsfähig. Die Bürgermeister sind in Sachen BIZ in ständigem Austausch mit dem Landrat, der die Bürgermeister bei einem Besuch im Finanzministerium bereits begleitet hat.
Es gibt nach Ansicht von Just, Kirchner und Köpfle daher nur einen Weg: eine Sonderförderung, die über die übliche Schulbauförderung hinausgeht. „Deshalb“, beschreibt Manuel Just, „haben wir in Absprache mit dem leider verstorbenen MdL Uli Sckerl ja auch den politischen Weg in Richtung Ministerpräsident gewählt“. Dass Kretschmann nun aber einen persönlichen Termin ablehnt und sein Staatsminister wiederum nur auf das übliche Verfahren und auf das Kultusministerium verweist, komme einem Affront gleich, ärgert sich auch Benjamin Köpfle. Dazu kommt: Die in Weinheim ansässige Hector-Stiftung hatte bereits in Aussicht gestellt, einen Neubau mit einer namhaften Summe in Millionenhöhe zu fördern – aber nur, wenn das Land mit einem Sondertopf die Finanzierung sichert.
In den Augen der Bürgermeister noch schlimmer: In Stuttgart bleibt man bei der Haltung, dass im Regierungspräsidium eine reguläre Schulbauförderung geprüft werden muss – obwohl schon vorher klar ist, dass diese Finanzierung nicht ausreichen wird. Denn nach bisherigen Recherchen kämen dabei lediglich etwa 15 Millionen Fördergelder zusammen. Und schon lange wissen alle, dass die Kommunen den „Restbetrag“ nicht stemmen können. Hinzu kommt: Der jetzt von Stuttgart gewünschte Förderantrag muss von einem Fachbüro so genau ausgearbeitet werden, dass schon die Antragstellung – ohne Aussicht auf spätere Umsetzung – nach Berechnungen des Hemsbacher Bauamts rund zwei Millionen Euro kosten würde. „Man will uns dazu zwingen, Steuergeld auszugeben um etwas zu erfahren, was wir bereits wissen.“, moniert Jürgen Kirchner. Dennoch ließen die drei Rathauschefs durchblicken, dass sie „mit der Faust in der Tasche“ diesen Weg jetzt gehen werden, um zumindest einen Strohhalm zu fassen. „Wir werden jetzt die ersten Schritte zum Antragsverfahren einleiten“, so Kirchner,“ in der Hoffnung, dass das Land dann doch noch seine Position überdenkt. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig.“
Manuel Just, Jürgen Kirchner und Benjamin Köpfle können und wollen nach den vielen Enttäuschungen ihre Emotionen nicht verhehlen. Sie fühlen sich wieder einmal alleine gelassen am nördlichen Zipfel des „Ländles“, unverstanden als „kommunale Familie“. „Seit acht Jahren fragen wir nach einem persönlichen Termin beim Ministerpräsidenten an“, zuckt Jürgen Kirchner mit den Schultern, „aber es gibt kein Interesse“.
Quelle: Roland Kern