„Brot ist gebackene Natur“
Weinheim. Brot ist sicher das bekannteste Lebensmittel, schon immer und überall. Im Neuen Testament brach Jesus das Brot, das Familienoberhaupt ist seit jeher für den Broterwerb zuständig, die römischen Kaiser gaben dem Volk: Brot und Spiele. Niemand lässt sich gerne die Butter vom Brot nehmen, zum Einzug schenkt man Brot und Salz.
In fast allen Märchen und Geschichten kommt Brot als Synonym für Genuss, aber auch für Lebenserhalt vor. Das hat sich nie geändert.
Andererseits beobachtet der Weinheimer Bäckermeister Michael Kress immer öfter, dass die Menschen gar nicht wissen, woher ihr Brot kommt, woraus es besteht und wie man es herstellt. Die Handwerksbäcker, wie er einer ist und sein Vater schon war, werden immer seltener. Brot wird von vielen Kinder als beliebige Sättigungsbeilage wahrgenommen, industriell in Form und Geschmack gebracht, fertig abgepackt und in zehn Minuten fertig gebacken.
Das kann nicht sein, findet der Bäckermeister, der selbst drei Kinder hat und aus eigener Erfahrung weiß, wie ihre Augen leuchten, wenn sie mit ihre kleinen Händen den duftenden Teig kneten und formen können. Michael Kress hat eine Mission: „Kinder sollen von klein auf die Möglichkeit bekommen, Brot und dessen Herstellung mit allen Sinnen zu erleben.“ Dadurch lernen sie, hofft er, dass „Brot gebackene Natur ist“. Kress, angehender Brot-Sommelier und bald geprüft an der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks mit Sitz ebenfalls in Weinheim, wünscht sich: „Die Kinder werden riechen, sehen, fühlen, hören und natürlich auch schmecken, was ein ehrliches, handgemachtes Brot ausmacht“.
Das Ziel des begeisterten Bäckers: Kinder zum Brotbacken bringen. Spielerisch und kindgerecht. Dieser Aufgabe widmet er sich im Zuge seiner Sommelier-Ausbildung, kräftig unterstützt von Akademieleiter Bernd Kütscher. Und darüber hat er jetzt ein Buch geschrieben, selbst gestaltet und herausgegeben. Es heißt: „Meine ersten Brotrezepte.“ Rund ein Dutzend spannender und kindgerechter Brotvarianten für die eigene Küche gibt es darin zu entdecken.
Wie beim guten Brot macht der Weinheimer keine halben Sachen. Er hat recherchiert und herausgefunden, dass Kinder mit der „Becherküche“ am besten kochen lernen – also auch backen. Kind muss nicht messen oder wiegen, keine Gramm und Milliliter merken, sondern nutzt einfach bunte Becher, die wiederum feste Maßeinheiten aufnehmen.
Zuerst hat Michael Kress mit seinen eigenen Kindern gebacken, dann im Freundeskreis. Er hat Geschichten erfunden, die Kinder mögen: Zum Beispiel, dass ein guter Sauerteig, der aus lebendigen Mikroorganismen besteht, tägliche Zuwendung braucht – wie ein Haustier. Er ist mit den Kindern aber auch aufs Getreidefeld gefahren, wo alte Sorten biologisch angebaut werden und zur Urkorn-Mühle in den Kraichgau, um zu zeigen, was die Natur liefert.
Und er hat erste Kinder-Back-Treffen organsiert, bei denen dem Weinheimer Erzieher und Hobby-Fotografen Sven Sasse-Rösch rührende Fotos von begeistert backenden Kindern gelungen sind. Denn zum Projekt und zum Buch gibt es auch eine Facebook-Seite „Projekt Kinderbrot“ mit tollen Fotos und sogar ein Instagram-Auftritt mit kleinen Lehrvideos als Anleitung zum Brotbacken für daheim.
Mit seinem Buch und den Social Media-Auftritten will Kress den Kindern und Eltern das Brot als Naturprodukt näherbringen und die Faszination weitergeben, die ihn ergriffen hat, als er selbst Kind war und jeden Morgen vom Geruch frisch gebackenen Brotes aus der Backstube des Vaters wach wurde. Aber er plant auch, Kindergärten und Schulen zu besuchen, um dort mit Kindern zu backen. Das Brot und die Kinder, findet er, sind es wert.
Infos und Kontakt unter www.facebook.com/kinderbrot