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Ein Schwerpunkt des Denkmal-Tages am 8. September liegt an Weinheims Marktplatz: Altes Rathaus, Fürstenzimmer und Ulner Kapelle

2. September 2019 | Kultur, Leitartikel, Politik, Weinheim, Wirtschaft

Baugeschichte rund um die „Piazza“

 

Foto: Broady Nurish

Weinheim. „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“. So lautet das Motto des diesjährigen Tages des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September. Natürlich kann Weinheim dazu einen wichtigen Beitrag leisten:  Insgesamt neun geschichtsträchtige Orte unterschiedlicher Art haben an diesem Sonntagnachmittag geöffnet und bieten fachkundige Führungen an. Ein Schwerpunkt liegt dabei an jenem Ort, den man gemeinhin auch als „nördlichsten Marktplatz Italiens“ bezeichnet: Am Marktplatz. Gleich drei Denkmäler laden im Umfeld zu Besichtigungen ein (sogar vier, wenn man das Schloss dazurechnet, wo der Turm bestiegen werden kann).

 

Das Alte Rathaus

 

Das Alte Rathaus ist eines der prägenden Gebäude aus der Kurpfälzer Zeit der Stadtgeschichte. Das markante Gebäude am unteren Marktplatz wurde um 1557 als Kaufhaus erbaut, als dreigeschossiger Renaissancebau mit offener Säulenhalle im Erdgeschoss und gewölbtem Keller. Es diente anfangs als Markthalle. 1751 bis1752 erfolgte der Umbau zum Rathaus. 1968/69 wurde der Gesamtkomplex aufgrund massiver Schäden im Bereich der Decke über dem Obergeschoss und im Dachstuhl renoviert. An der Ostseite wurde der Arkadengang geöffnet.

Die Sanierung des Dachstuhls erfolgte in den Jahren von 1997 bis 1999. Im Turm wurde ein Glockenspiel eingebaut, das der Heimat- und Kerweverein „Alt Weinheim“ anlässlich seines 75-jährigen Bestehens 1996 der Stadt geschenkt hatte. 2001 bis 2002 erfolgte die Sanierung des Obergeschosses mit der Ausgestaltung des neuen, großen Bürgersaals und der Herstellung eines barrierefreien Zugangs durch Einbau eines Treppenlifts.  2012 bis 2013 wurde die Renovierung der Fassade, des Dachreiters und der Turmuhr angeschlossen. Seit Juli 2016 ist das Erdgeschoss das Domizil der Tourist-Info. umgekehrt. Führungen gibt es hier um 13.30 Uhr, um 15 Uhr und um 16.30 Uhr.

 

Die Ulner Kapelle

 

Foto: Sebastian Singer

Die Ulner Kapelle schräg gegenüber des Alten Rathauses befindet sich auf dem steil abfallenden Grundstück zwischen Hauptstraße, Spiegelgässchen und Stadtmühlgasse. Die Erschließung der Gebäude erfolgt einerseits über die Hauptstraße, wo ein barockes Portal den Haupteingang zur Kapelle bildet, und über die Stadtmühlgasse, wo das ehemalige Spital über einen Hof-Eingang verfügt.

Die Ursprünge von Kirche und Hospital gehen zurück auf die Zeit vor 1367 und auf Hildegund und ihre Familie, die Schultheißen von Weinheim. Sie hinterließ ein ansehnliches Vermögen mit der Auflage, die in der Neustadt bislang bestehende Holzkapelle durch einen Steinbau zu ersetzen. Johann und seine Ehefrau Elisabeth errichteten diese Kapelle und mit dem verbliebenen Vermögen und durch eigene Mittel entstand zusätzlich ein mit der Kapelle verbundenes Armenspital. Seit 2011 sind Kirche und Hospital in Privatbesitz. Die Räume wurden umfassend und denkmalgerecht saniert und werden nun als Veranstaltungs- und Tagungsort genutzt.  Die Ulner Kapelle öffnet von 11 Uhr bis 17 Uhr. Führungen werden um 12 Uhr, um 14 Uhr und um 15 Uhr angeboten.

Das Fürstenzimmer

 

Man nennt es das „Fürstenzimmer“, weil der österreichische Offizier Fürst Johann Joseph August von Schwarzenberg mit 21 Jahren 1795 in diesem Haus gestorben ist – im Eckhaus Obertorstraße 1 und Mittelgasse 19 (Bistro Montmartre). Das Anwesen besteht aus vier zusammenhängenden Gebäuden aus dem 17. und 18. Jahrhundert und erstreckt sich von der Obertorstraße entlang der Mittelgasse bis zum Strohgässchen. Die reichen Stuckaturen im Fürstenzimmer des Obergeschosses stammen aus der Zeit des Klassizismus um 1800 als Hofrat Falck Eigentümer war.

Nach dem Tod Falcks heiratet die Witwe 1818 den Pädagogen, Politiker, Reise- und Märchenschriftsteller Albert Ludwig Grimm (1786-1872). Grimm studierte 1804 bis 1807 Theologie und Philologie an den Universitäten von Tübingen und Heidelberg. In Weinheim arbeitete er ab 1807 als Lehrer und war später Leiter des Pädagogiums. 1809 veröffentlichte er erstmals den Band „Kindermährchen“, dem zahlreiche weitere Werke folgten wie „Lina´s Kinderbuch“ und die älteste Fassung von „Schneewittchen“. Mit Jacob und Wilhelm Grimm, den bekanntesten Märchensammlern der Welt, war er nicht verwandt. Allerdings lebten die drei Männer zur gleichen Zeit und teilten die Leidenschaft für volkstümliche Erzählungen. Doch keiner wollte mit dem anderen verwechselt werden, denn Albert Ludwig Grimm verfolgte einen pädagogischen Ansatz, weshalb er die Märchen stilistisch und inhaltlich bearbeitete, um den erzieherischen Wert hervorzuheben. Von 1829 bis 1838 war Grimm Bürgermeister in Weinheim.  Von 1849 bis 1855 bewohnte Carl Freudenberg mit seiner Familie das Obergeschoss. Es wird heute als Büro genutzt.

Zur Besichtigung geöffnet von 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr.

Weitere offene Denkmäler am 8. September in Weinheim sind:

Der Alte Friedhof, Führungen um 14 Uhr und um 16 Uhr, die Peterskirche ist schon ab 10 Uhr geöffnet. Thematische Führungen werden angeboten um 14.30 Uhr, um 15.10 Uhr, um 15.45 Uhr und um 16.45 Uhr. Auch die Villa Hübsch gegenüber der Stadthalle in der Bergstraße 67 öffnet wieder ihre Türen, Führungen 13.30 Uhr, um 14.30 Uhr, um 15.30 Uhr und um 16.30 Uhr. Außerdem die Wachenburg (geöffnet von 10 Uhr bis 18 Uhr) mit Führungen um 11 Uhr, um 12.30 Uhr, um 14 Uhr und um 15.30 Uhr, sowie das vor drei Jahren sanierte Lützelsachsener Alte Rathaus in der Sommergasse 65 (geöffnet von 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr). Alle beschriebenen Denkmäler sind an diesem Tag eintrittsfrei geöffnet. Auch die Führungen sind kostenlos. Im Schlosshof vor Eingang D ist ab 13 Uhr ein Info-Stand mit Orientierungshilfen durch die Untere Denkmalschutzbehörde eingerichtet.

Alle Infos auch auf www.weinheim.de

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