Umsiedlungsaktion für Vögel und Fledermäuse
Bevor die marode Hochstraße Nord abgerissen werden kann, müssen zahlreiche Vorarbeiten geleistet werden. Eine davon: die Umsiedlung der dort lebenden Tiere wie Vögel und Fledermäuse. Diese Form des Artenschutzes schreibt das Bundesnaturschutzgesetz vor. Ludwigshafen startet frühzeitig mit einem „Umzugsservice“ der besonderen Art, damit sich die Tiere an neue Habitate gewöhnen können.
Klaus Eisele und weitere Mitglieder des Orbea-Arbeitskreises für Ornithologie und Naturschutz hängen daher im Auftrag der Stadt Ludwigshafen ab März 110 Nistkästen und Fledermaushöhlen auf dem Hauptfriedhof, im Friedens- und Ebertpark sowie an städtischen Gebäuden wie dem Carl-Bosch- und dem Theodor-Heuss-Gymnasium oder der Anne-Frank-Realschule plus auf. Die Anzahl der Unterkünfte resultiert aus dem Ergebnis der Gutachten zum Arten- und Naturschutz, welche während der Planungsphase zum Abriss der Ho
chstraße Nord Ende 2015 erstellt wurden. Laut Bundesnaturschutzgesetz, Paragraf 44, müssen „Fortpflanzungs- und Ruhestätten besonders geschützter und bestimmter Tier- und Pflanzenarten, die durch Baumaßnahmen beeinträchtigt werden, im räumlichen Zusammenhang“ ersetzt werden. Im Zuge des Artenschutzes müssen diese so genannten vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen werden und zwar deutlich bevor die Bauarbeiten beginnen. Die Tiere sollen genug Zeit haben, ihre neuen Stätten zu finden und anzunehmen.
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„Mit unserer Aktion werden die gesetzlichen Vorgaben zum Artenschutz bei Baumaßnahmen deutlich übertroffen. Wir versprechen uns davon mehr als die reine Erhaltung der Tierpopulation. Wir erwarten sogar, dass sich die Anzahl verschiedener Tierarten erhöht. Mein Dank gilt allen, die sich hier für den Natur- und Artenschutz so zupackend engagieren“, freute sich Beigeordneter Andreas Schwarz, während die letzten Nistkästen und Fledermaushöhlen am Freitag, 13. März 2020, im Friedenspark aufgehängt wurden. Schwarz machte deutlich, dass es sich bei der Naturschutzaktion um eine ohnehin geplante und vorgeschriebene Maßnahme an der Hochstraße Nord handele, die zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll umgesetzt werden kann. Selbstverständlich bleibe es bei der Vorgehensweise der Stadtverwaltung, dass zuerst die Hochstraße Süd wieder befahrbar sein muss, bevor es zu den starken Eingriffen an der Hochstraße Nord komme.
„Die Städte sind wichtige Lebensräume für Vögel und Fledermäuse. Nistplätze finden sich, für den Laien oft kaum erkennbar, in Gehölzen, an Brücken und Gebäuden. So ist das auch längs der Hochstraße Nord. Wir finden hier Vogelarten wie den Gartenrotschwanz, den Haussperling, Mauersegler und den Star und damit auch gefährdete Arten. Alle sind auf bestimmte Nistmöglichkeiten wie Mauernischen oder Höhlungen in Bäumen oder Fassaden angewiesen, die in der Stadt immer weniger zu finden sind. Das gleiche gilt für Fledermausarten wie das Langohr oder die Hufeisennasen. Die Tiere müssen deshalb rechtzeitig in neue Lebensräume umgesiedelt werden. Das klappt dann, wenn sich die neuen Quartiere nahe an den alten befinden, das
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Nahrungsangebot stimmt und die Nachbarschaft von Mensch und Tier passt“, erläuterte Rainer Ritthaler, Leiter des Bereichs Umwelt.
Nach diesen Kriterien haben Fachleute geeignete Plätze zur Anbringung von Brut- und Wohnhöhlen und Nisthilfen gesucht und gefunden. Bei den neuen Unterkünften handelt es sich um Koloniekästen für Sperlinge, um kleinere Nistkästen und um verschiedene Fledermaushöhlen. „Die Erfahrung zeigt allerdings, dass nicht jedes Tier die ihm zugedachte Behausung bezieht. Stattdessen ziehen immer wieder mal unerwartete Neubewohner ein“, konstatierte Klaus Eisele.
Um den Tieren den Umzug schmackhaft zu machen, wird es in der Nähe der neu angebotenen Lebensräume ein gezieltes Futterangebot geben. Später kommen so genannte Ausgleichspflanzungen hinzu, also verschiedene Pflanzen, die sich als Brutgehölze eignen, das Futterangebot für Vögel und Insekten verbessern und auch als Fraßpflanzen, zum Beispiel für Schmetterlingsraupen, dienen.
Zur Sache: die Hochstraße Nord
Die Hochstraße Nord ist marode und muss abgerissen werden. Sie wird durch eine ebenerdige Stadtstraße ersetzt. Nach einer intensiven Bürgerbeteiligung, Entscheidungs- und Planungsphase fällte der Stadtrat im März 2014 den Grundsatzbeschluss, dem sich weitere Planungs- und Beteiligungsschritte anschlossen. Zurzeit wird für den
Abriss der Hochstraße Nord und den Bau der Stadtstraße das
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Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Dieses liegt in Händen des Landesbetriebs Mobilität (LBM) als übergeordnete Straßenbaubehörde.
Wegen der Schäden an der aus Sicherheitsgründen gesperrten Hochstraße Süd stimmt die Stadtverwaltung ihr komplettes Planungsverfahren sehr eng und flexibel auf die komplexe Situation ab. Vorrang hat der Abriss der Hochstraße Süd und die Wiederherstellung der Verkehrsverbindung. Parallel dazu muss die Stadtverwaltung die Situation an der Hochstraße Nord weiter im Auge behalten. Zum einen werden weitere Sicherheitsmaßnahmen geprüft, zum anderem können bereits jetzt schon Vorarbeiten geleistet werden.
Aktuelle Informationen zu den Hochstraßen unter:
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