Ein Weg durch die Stadt und das Leben
Weinheim. Sie ist die bekannteste Bürgerin der Stadt und eine wahre Botschafterin Weinheims: Die Roman-Autorin Ingrid Noll ist in ihrer Heimatstadt an der Bergstraße fest verwurzelt. Und jetzt auch für immer verewigt. Anfang November wird ein Ingrid-Noll-Pfad zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt eingeweiht, ein unterhaltsam-informativer Spaziergang an der Seite der Schriftstellerin. Natürlich begleitet die 86-jährige Grande Dame der deutschen Krimi-Literatur nicht jeden Weinheim-Besucher persönlich auf seinem oder ihrem (Ingrid-Noll-)Weg, aber virtuell.
An 13 Stationen in der Innenstadt kann der Besucher über einen QR-Code über sein Handy die Stimme der Autorin anfordern. In ihrem ganz eigenen Stil und mit einem augenzwinkernd-subtilen Humor führt sie dann den Begleiter von Ort zu Ort. Es ist der erste Schriftsteller-Weg in der Region in dieser Art und selbstverständlich der erste Ingrid-Noll-Weg in ganz Deutschland.
Die Konzeption für den Ingrid-Noll-Weg stammt vom Weinheimer Journalisten und Pressesprecher Roland Kern und von der Autorin selbst. Vor einem Jahr hatte eine Expertenrunde eine Tourismuskonzeption für die Zweiburgenstadt entwickelt, in der ein Projekt in dieser Art erstmals zur Sprache kam. Bei einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt hatte der Weg dann im Gespräch mit Oberbürgermeister Manuel Just konkrete Formen angenommen.
An den wichtigsten touristischen Sehenswürdigkeiten der Stadt werden nun Schilder angebracht, die den Ingrid-Noll-Weg weisen. Das Erkennungszeichen des literarischen Lehrpfades ist ein roter Hahn, der an das Erstlingswerk der Autorin erinnert. Es hieß: „Der Hahn ist tot.“
Der Weg beginnt und endet am Alten Rathaus am Marktplatz, Einstiege sind aber jederzeit möglich. Ingrid Noll gelingt es, historische Hintergründe und Informationen spannend und unterhaltsam zu erzählen. Immer wieder streut sie aber auch Anekdoten und Erinnerungen aus ihrem Leben ein oder liest Textstellen aus einem Roman, die gerade passen. Eine Passage stammt sogar bereits aus ihrem neuen Buch, das noch gar nicht veröffentlicht ist. Bisweilen wird es auch persönlich: Am Ginkgo-Baum im Schlosspark erzählt Ingrid Noll über ihre Kindheit in China, am Blauen Hut (der einst als Gefängnis genutzt wurde) hört man, welche Erfahrungen sie selbst bei einer Lesung für Gefängnis-Insassen gemacht hat. An der alten Zeder plaudert die rüstige Schriftstellerin über das Alter und scherzt über die „Materialermüdung“ des menschlichen Körpers.
Der Weg führt auch zum Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof, zum Mausoleum, zum Heilkräutergarten, zum Tisch, an dem Honoré de Balzac dichtete. Zu jedem Punkt ist ihr etwas Originelles eingefallen. „Bei der ersten Konzeption hätten wir uns nicht träumen lassen, wie kreativ Frau Noll die Ideen umsetzt“, ist Roland Kern begeistert.
Die Texte wurden im Sommer im Tonstudio des Weinheimer Kabarettisten und Podcast-Produzenten Franz Kain aufgenommen, am 10. November soll der Ingrid-Noll-Weg selbstverständlich im Beisein der Autorin offiziell eingeweiht werden. Dann ist er für jedermann zugänglich – sogar an 356 Tagen im Jahr an 24 Stunden am Tag. Einen Zugang gibt es jederzeit auch unter www.weinheim.de