Zusammenarbeit von Landwirten, Stadt Mannheim und
Regierungspräsidium Karlsruhe fördert die Entstehung von neuen Lebensräumen für die europäisch geschützte Tierart
Im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes wurden gestern (11. Juni 2020), 170 junge Feldhamster auf Mannheimer Feldern ausgewildert. Der Feldhamster, der einst in großer Zahl die landwirtschaftliche Flur besiedelte, ist heutzutage selten geworden und steht als vom Aussterben bedrohte Tierart unter europäischem Schutz. Ziel der Wiederansiedlung ist es deshalb, einen langfristig überlebensfähigen Tierbestand zu etablieren.
Der Erfolg der Wiederansiedlung zeigt sich in den über 60 Hamsterbauten, die im Frühjahr auf Feldern in Mannheim-Straßenheim gezählt wurden. Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder stellt fest, dass die Anstrengungen der letzten Jahre besonders in Mannheim-Straßenheim zum Schutz und zur Erhaltung des Feldhamsters Wirkung zeigen. „Wesentlich zum Erfolg beigetragen hat die großflächige und zusammenhängende feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung der Ackerflächen. Die Wiederansiedlung des Feldhamsters in Mannheim ist auf einem guten Weg, um langfristig einen überlebensfähigen Tierbestand zu etablieren. Auch in den anderen Gebieten mit Feldhamstervorkommen muss dies ebenfalls erreicht werden.“
Mehrere Landwirte bewirtschaften auf rund 130 Hektar ihre Ackerflächen feldhamstergerecht, sodass der Feldhamster dort einen geeigneten Lebensraum findet. Sie arbeiten im Auftrag der Naturschutzbehörden der Stadt Mannheim und des Regierungspräsidiums Karlsruhe. „Die Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Landwirten und die feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung ist Grundlage für den Erfolg der Wiederansiedlung. Unser Dank gilt daher besonders den Landwirten, die mit viel Einsatz den Lebensraum für den Feldhamster auf den Äckern ermöglichen“, lobt die Bürgermeisterin der Stadt Mannheim Felicitas Kubala.
Das Vorkommen des Feldhamsters steht stellvertretend für eine artenreiche und vielfältige Agrarlandschaft. Die heimische biologische Vielfalt wird erhalten und gefördert. Beispielsweise steigt auf den Flächen die Anzahl von Ackerwildkräutern, von denen verschiedene Insektengruppen, wie Wildbienen, Schmetterlinge oder Heuschrecken profitieren. Weiterhin finden bedrohte Vogelarten, wie das Rebhuhn oder Säugetiere, wie der Feldhase neben dem Feldhamster einen geeigneten Lebensraum.
Hintergrundinformation zum Wiederansiedlungsprojekt des Feldhamsters
Für eine erfolgreiche Wiederansiedlung muss der Feldhamster durch alle Jahreszeiten hindurch einen geeigneten Lebensraum vorfinden. Dazu gehört neben einem weit verzweigten Erdbau, ein eiweißreiches Nahrungsangebot, besonders während der Tragezeit und Aufzucht der Jungen, hochgewachsenes Getreide oder Luzerne zur Deckung durchs ganze Jahr hindurch und natürlich ausreichend Futtervorräte für den Winter. Mit den abgeschlossenen Verträgen säen beispielsweise Landwirte die Luzerne, eine eiweißreiche Kleeart, auf den Feldern ein. Die Luzernefelder bieten dann, wenn sie hoch genug gewachsen sind, dem Feldhamster das ganze Jahr hindurch Deckung und Futter. Weiterhin gibt es Verträge bei denen zum Beispiel das Getreide bis in den Herbst stehen bleibt. Bei allen Verträgen wird auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichtet.
Um die Verluste durch Füchse, streunende Katzen sowie freilaufende Hunde gering zu halten, beauftragt das Regierungspräsidium Karlsruhe das Aufstellen von Elektro-Zäunen. Diese werden um Felder herum aufgestellt, auf denen der Feldhamster ausgewildert wurde. Hundebesitzer sollten Abstand zu den Zäunen halten und ihre Hunde am Feldrand an der Leine führen.
Der Feldhamster wurde als besonders seltene Tierart in Europa in die FFH-Richtlinie (FFH = Flora, Fauna, Habitat) aufgenommen, mit der die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union das europäische Naturerbe schützen. Das Land Baden-Württemberg muss daher für den Schutz und die Erhaltung des Feldhamsters im Land sorgen. Mit dem Bau der SAP-Arena 2004 in Mannheim-Bösfeld gingen Lebensstätten des Feldhamsters verloren. Als Ausgleich für diesen Verlust ist die Stadt Mannheim für das Wiederansiedlungsprojekt verantwortlich. Seither arbeiten das Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Stadt Mannheim gemeinsam für das Überleben des Feldhamsters in Mannheim und stellen die finanziellen Mittel bereit. Der Biologe und Experte für Feldhamster Dr. Ulrich Weinhold (Institut für Faunistik aus Heiligkreuzsteinach) führt im Auftrag der Stadt Mannheim und des Regierungspräsidiums mit seinem Team die Aufzuchtstation, koordiniert die Wiederansiedlung und begleitet alle Arbeiten vor Ort. Als Fortführung des Projektes ist in einem nächsten Schritt der Blick über die Stadtgrenzen hinaus geplant. Ziel ist es, weiteren Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Feldhamsters zu suchen und neue Bestände aufzubauen.
Vor Ort in Mannheim-Bösfeld und Mühlfeld finden Interessierte Informationstafeln des Regierungspräsidiums Karlsruhe mit Informationen zur Lebensweise des Feldhamsters und dem Auswilderungsprojekt. Der heimische Feldhamster wird für das Wiederansiedlungsprojekt im Heidelberger Zoo gezüchtet. Vor einigen Jahren wurde eine neue Aufzuchtstation gebaut. Im April 2017 wurde diese neue Aufzuchtstation gemeinsam mit dem Regierungspräsidium eröffnet. Damit ist eine gute Basis für das Wiederansiedlungsprojekt geschaffen worden. Die Aufzucht wird von dem Artexperten und Biologen Dr. Ulrich Weinhold, Institut für Faunistik aus Heiligkreuzsteinach zusammen mit seinem Team koordiniert und fachgerecht umgesetzt. Seit 2007 wurden 1580 gesunde Jungtiere ausgewildert. Durchschnittlich waren dies in den letzten 13 Jahren 122 Tiere pro Jahr. Die Auswilderung begann auf Feldern in Mannheim-Straßenheim. 2009 wurde die Auswilderung auf Feldern in Mannheim-Bösfeld und in den letzten Jahren auch auf Flächen in Mannheim-Mühlfeld und bei Seckenheim erweitert.