Zur Vorbereitungen der geplanten Rückgabe von Benin-Bronzen aus deutschen Museen an Nigeria war der Generaldirektor der Nationalen Museums- und Denkmalbehörde Nigerias, Professor Abba Tijani, am Mittwoch zu Gast im Stuttgarter Linden-Museum. In dem ethnologischen Museum befinden sich 78 Objekte aus dem ehemaligen Königshaus Benin, darunter 64 Bronzen. Am 1. Juli 2022 wird in Berlin eine unter Federführung des Auswärtigen Amtes verhandelte politische Rahmenerklärung zur Restitution der Benin-Bronzen unterzeichnet.
Prof. Abba Tijani, Generaldirektor der National Commission for Museums and Monuments (NCMM) in Nigeria: „Wir sind nach Stuttgart ins Linden-Museum gekommen, weil wir die Rolle der Bundesländer wie Baden-Württemberg als Bewahrer der Sammlungen anerkennen und schätzen. Sie sind neben den Verhandlungen mit der Bundesregierung der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb sind wir vor der Unterzeichnung der politischen Rahmenerklärung in Berlin hierhergekommen. Ich bin froh, hier zu sein, und schätze die offenen Gespräche.“
Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, MdL: „Der verantwortungsvolle Umgang mit unserer kolonialen Vergangenheit liegt mir persönlich am Herzen. Baden-Württemberg hat 2021 als erstes Land den Weg frei gemacht für Rückgaben von Benin-Bronzen. Wir wollen hier Verantwortung übernehmen. Eine aktive Auseinandersetzung mit den Folgen der Kolonialzeit und eine Überwindung von Rassismus und Diskriminierung ist ohne Rückgaben in relevantem Umfang nicht denkbar. Unser Handeln wird zum Maßstab der Glaubwürdigkeit unserer Bemühungen für gegenseitigen Austausch. Ich begrüße, dass das Eigentum an den Benin-Bronzen in Deutschland auf Nigeria übertragen wird, und bin sehr zuversichtlich, dass wir rasch zu Rückgaben an Nigeria kommen. Ich danke Außenministerin Annalena Baerbock und Staatsministerin Claudia Roth dafür, dass sie die Verständigung mit Nigeria konsequent auf den Weg gebracht haben und dabei die Kulturministerien der Länder eng einbezogen haben. Die Benin-Bronzen sind herausragende Zeugnisse des kulturellen Erbes der Menschheit. Ich bin daher sehr froh, dass auch die Besucherinnen und Besucher des Linden-Museum weiterhin die Möglichkeit haben werden, Benin-Bronzen im Original zu sehen.“
Marc Gegenfurtner, Amtsleiter Kulturamt der Landeshauptstadt Stuttgart: „Wenn Unrecht begangen wurde, lässt sich dies am besten im gemeinschaftlichen Dialog bewältigen. Wir als Landeshauptstadt wollen koloniales Unrecht sichtbar machen und anerkennen. Daher tragen wir selbstverständlich gleichwertig zur Restitution der hiesigen Benin Bronzen bei. Für uns ist das lebendige Erinnerungskultur. Wir sind als Stadt dankbar, in diesem Prozess eine starke Partnerin sein zu können. So werden wir es auch mit dem Gemeinderat besprechen, der die endgültige Entscheidung treffen wird.“
Prof. Inés de Castro, Direktorin Linden-Museum: „Ich freue mich, dass die langjährige Vorarbeit der Museen und der nigerianischen Partner in der Benin Dialogue Group nun mit Unterstützung der Politik umgesetzt wird und wir uns gemeinsam diesem Teil unseres kolonialen Erbes stellen können. Die Restitution ist für uns kein Verlust, sondern ein Gewinn und ein Ereignis, das in eine langfristige Kooperation münden kann.“
Prof. Abba Tijani ist nach Deutschland gereist, um am 1. Juli an der Unterzeichnung einer unter Federführung des Auswärtigen Amtes verhandelte politische Rahmenerklärung zur Rückgabe von Benin-Bronzen aus deutschen Museen an Nigeria teilzunehmen. In diesen Tagen besuchte er mehrere maßgeblich betroffene Museen.
In den nächsten Monaten sollen die weiteren Modalitäten der Rückgabe der Objekte aus dem Linden-Museum besprochen und vertraglich vereinbart werden. Das Kabinett in Baden-Württemberg hat bereits im Juli 2021 – als erstes Bundesland – seine Bereitschaft zu umfangreichen Rückgaben bekräftigt. Die konkreten Rückgaben werden vor Unterzeichnung der Rückgabevereinbarung dem Kabinett nochmals zur Befassung vorgelegt werden. Seitens der Vertreterinnen und Vertreter Nigerias wurde in den bisherigen Verhandlungen in Aussicht gestellt, dass einige der Benin-Objekte als Leihgabe in deutschen Museen verbleiben können.
Quelle:
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst