Mannheimer Geschichten – Mannheimer Persönlichkeiten: „Der Muhammad Ali vom Waldhof“
Er wurde in der Nachkriegszeit als unehelicher Sohn einer deutschen Arbeiterin namens Elisabeth Graf und eines afroamerikanischen Soldaten namens Charles Blackwell geboren. Zu dieser Zeit war sein Vater als Besatzungssoldat in Westdeutschland stationiert und bekleidete den Rang eines Gefreiten. Kurz nach der Geburt seines Sohnes wurde er in die USA zurückbeordert.
Charly Graf verbrachte seine Kindheit in den sogenannten Benz-Baracken, einem Barackenviertel im Mannheimer Stadtteil Waldhof, das sich nördlich der Oberen Riedstraße in Waldhof-Ost befand. Die Behelfssiedlung wurde von der Stadt Mannheim für Bewohner gebaut, die sich keine Sozialwohnungen leisten konnten. In diesem Viertel herrschte Armut mit all ihren damit verbundenen Problemen.
Im Jahr 1969 wurde Charly Graf deutscher Jugendmeister der Gewichtheber im Mittelschwergewicht und Zweiter bei den deutschen Junioren-Boxmeisterschaften im Schwergewicht. Sein erster Auftritt als Profiboxer fand am 14. November 1969 statt, als er von den Medien als „Ali vom Waldhof“ angekündigt wurde.
Als 17-Jähriger erhielt Graf eine Sondergenehmigung vom BDB, um als Profiboxer zu debütieren. Bei seinem ersten Kampf in der Frankfurter Festhalle besiegte er Lutwin Hahn in der ersten Runde durch k.o. Sein Promoter Joachim Göttert lobte Graf als „eine Million Dollar wert“, während die Medien ihn als „Cassius Clay vom Waldhof“ und „Deutschlands braunen Bomber“ feierten. Graf wog damals etwa 90 kg und gewann seine nächsten sechs Kämpfe durch k.o. gegen Gegner mit negativer Kampfbilanz. Allerdings erlitt er bei seinem ersten echten Test gegen den ehemaligen Europameister im Halbschwergewicht Ivan Prebeg am 2. Oktober 1970 in der sechsten Runde eine Niederlage durch k.o.
Diese Niederlage dämpfte seinen sportlichen Ehrgeiz, und Graf geriet schließlich in das Mannheimer Rotlichtmilieu und beging kriminelle Handlungen. Nachdem Graf aus der Haft entlassen wurde, verbrachte er zwölf Jahre in Kempten (Allgäu), wo er verschiedene Jobs ausübte, darunter als Lastwagenfahrer und bei einem Viehauktionator. Anschließend zog er nach Mannheim zurück, wo er sich ehrenamtlich als Laienlehrer an verschiedenen Schulen engagierte und für sozial benachteiligte Jugendliche sorgte, während er von Sozialhilfe lebte. Im April 2008 bekam Graf eine feste Anstellung bei der Stadt Mannheim als Betreuer für Jugendliche mit sozialen Problemen.
Graf war zweimal verheiratet und hat drei Kinder, von denen eines adoptiert ist. Sein Sohn Charly Graf Junior wurde auch kurzzeitig Profiboxer und hatte im Jahr 1996 vier erfolgreiche Profikämpfe bestritten.
Charly Graf – Ein deutscher Boxer Dokumentation:
Quellen und weiterführende Informationen:
NDR: Charly Graf – Ein deutscher Boxer Dokumentation
Wikipedia: Charly Graf
Mehr zu: