Für das Theaterfestival Schwindelfrei 2022 stehen vier regionale Projekte von Künstlerinnen und Künstlern fest, die eine dreiwöchige Residenz für künstlerische Experimente erhalten.
Die vier Projektideen wurden aus zahlreichen Bewerbungen Kunstschaffender der Szene freier Darstellende Künste der Metropolregion Rhein-Neckar durch den Kurator Dirk Förster ausgewählt:
Lisa Bless (Heidelberg), Ore Arts (Heidelberg/Mannheim), Theater Carnivore (Heidelberg), Katharina Anna-Josefine Rausch, Christopher Johannes Scheuer, Friedrich Stockmeier (Mannheim). Die Künstlerinnen und Künstler werden die dreiwöchige Residenzzeit zur szenischen Recherche, zum Erproben neuer Formen und Formate sowie zum künstlerischen Austausch nutzen.
Kulturbürgermeister Michael Grötsch: „Das Theaterfestival Schwindelfrei ist Teil der städtischen Förder- und Entwicklungsstrategie für die Szene der freien Darstellenden Künste. Ich freue mich zu sehen, dass das Festival die Bedarfe der freien Darstellenden Künste in den Mittelpunkt stellt und die Szene in ihren Strukturen kontinuierlich und nachhaltig fördert.“
Arbeitsprozesse, Recherchen sowie Raum für Experimente spielen in den freien Darstellenden Künsten eine zentrale Rolle und werden beim Theaterfestival Schwindelfrei sichtbar gemacht. Residenzen sind fokussierte künstlerische Arbeitsphasen, die im Rahmen des Festivals durch die Bereitstellung von Räumen und finanziellen Mitteln ermöglicht werden. Anders als in den Vorjahren gab es keine thematischen Vorgaben für den Open Call. Festivalkurator Dirk Förster: „Wir wollen die Freiheit der Kunst in den Mittelpunkt stellen und Raum für künstlerische Experimente schaffen. Die ausgewählten Projekte brauchen genau das. Sie arbeiten zu sehr diversen Themen und versuchen sich an für sie neuen Formen und Medien. Ich bin gespannt, wie sich die ästhetisch spannenden Ideen im künstlerischen Prozess entwickeln werden.“
Während des Theaterfestivals Schwindelfrei vom 07.-10. Juli 2022 erhält das Publikum in Residenz-Showings Einblicke in die künstlerische Arbeit der Projekte. Erstmals zeigt das Festival in diesem Jahr auch Performances, die aus vergangenen Residenzen entstanden sind. Zudem setzen regionale und überregionale Gastspiele vielschichtige Impulse für Publikum, Künstlerinnen und Künstler. Bereichert wird das Festival durch ein Rahmenprogramm bestehend aus Film, Musik, Party und mehr. Das Theaterfestival Schwindelfrei wird in den freien Theaterhäusern EinTanzHaus, Theater Felina-Areal, Theaterhaus G7, zeitraumexit sowie an weiteren Orten in Mannheim ausgerichtet.
Ergänzend zu den Residenzen wurde für die regionale Szene ein Mentoring-Programm ausgeschrieben – ein Austauschformat, das Kunstschaffende mit ausgewählten Expertinnen und Experten zusammenbringt. Freie Gruppen und Häuser aus Mannheim konnten sich für eine finanzielle Unterstützung zu einem künstlerischen oder fachlichen Austausch bewerben. Erstmals können in diesem Jahr Lisa Bless, Ore Arts und Theater Carnivore zusätzlich zu ihrer Residenz ein Mentoring in Anspruch nehmen. Zudem konnten sich das Theaterhaus G7 sowie der Projektraum Cool Pool (AT) für ein Mentoring qualifizieren.
Die Residenzen sowie das Mentoring-Programm werden vom Kulturamt der Stadt Mannheim finanziert und technisch, inhaltlich sowie organisatorisch unterstützt. „Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler für Residenzen und das Mentoring-Programm spiegelt die Vielfalt der Darstellenden Künste in der Region. Die hohe Anzahl an Bewerbungen zeigt den großen Bedarf an prozessorientierten, nachhaltigen Arbeitsformen. Das Theaterfestival Schwindelfrei zeigt richtungsweisende Wege auf, Arbeitsphasen der Recherche mit Einblicken in die künstlerische Arbeit zu verbinden, erläutert Kulturamtsleiterin Sabine Schirra.
Wie zur letzten Ausgabe begleitet ein Beirat die Vorbereitung und Programmauswahl des Festivals. Die Mitglieder des Beirats beraten die künstlerische Leitung insbesondere hinsichtlich eines diskriminierungssensiblen Umgangs mit Diversität, diskutieren Fragen der Zugänglichkeit und unterstützen die lokale Vernetzung des Festivals. Der Beirat setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: Charlotte Arens/Dramaturgin, Kuratorin; Anne-Marie Geisthardt/Kulturparkett Rhein-Neckar e.V.; Seda Keskinkılıç-Brück/freie Autorin, Künstlerin; Martin Köhl/Sozialpädagoge; Diana Kreissle/Studentin; Katya Lwanga/The Circle Collective e.V., Studentin.
Die Residenzen für künstlerische Experimente
„Oxy-Gen/Z(8)“ von Lisa Bless (Heidelberg)
2021 starteten der in Indien lebende Tänzer Pankaj Sihag und die Heidelberger Tänzerin Lisa Bless ein Zoom-Projekt, aus dem der Film „Oxy-Gen“ entstand. Daran anknüpfend experimentiert Lisa Bless in einer hybriden Performance mit Projektionen, Tanz und Raum. Dabei untersucht sie die Auswirkungen auf die eigene Körperlichkeit und die Bewegungsqualitäten in der Zukunft.
„Sisters of the Yam“ von Ore Arts (Heidelberg/Mannheim)
„Sisters of the Yam“ ist inspiriert vom gleichnamigen Buch der Autorin Bell Hooks, in welchem sie zahlreiche Strategien zur Selbstfindung, zur Heilung und zum politischen Widerstand für die Schwarze Frau* vermittelt. Dazu haben sich die Künstlerinnen und Künstler mit ihrem Schwarzen Erbe im Kontext von Spiritualität, Identität und autobiografischem Austausch auseinandergesetzt und fragen sich: Welche Heilungsmethoden kennen Wir aus unseren Kulturen? Wie können Wir das kollektive Trauma überwinden? Wie können Wir in der Gesellschaft politisch intervenieren? Ziel von Ore Arts ist es, Kulturinstitutionen so umzugestalten, dass sie auch für „Sisters of the Yam“ zu einem Ort der Selbstfindung und Heilung werden können.
„Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ von Theater Carnivore (Heidelberg)
Das Theater Carnivore ist eine Wanderbühne mit Sitz in Heidelberg. In ihrer Residenz beschäftigt sie sich mit der Angst. Das Märchen „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ wird dabei zur Arbeitsgrundlage. Zugleich bearbeitet die Gruppe die Frage nach mehr Diversität im Theater und den Möglichkeiten, eine hierarchiefreie gemeinsame Arbeitsweise zu entwickeln.
„TOOL“ von Katharina Anna-Josefine Rausch, Christopher Johannes Scheuer, Friedrich Stockmeier (Mannheim)
Tool bedeutet Werkzeug, Instrument oder Anwendung. Als Tool werden auch Personen abschätzig bezeichnet, die sich, zumeist ohne es zu wissen, manipulieren oder ausnutzen lassen. In der Diskussion um Verschwörungstheorien werfen sich verschiedene Seiten gegenseitig vor, manipuliert worden zu sein. Was ist wahr und was real? Die Performance TOOL spitzt die Frage nach dem Realen zu und behauptet Musiktheater als Soundsystem. Ein Soundsystem, das als bewegliche Skulptur zur Bühne und zum Werkzeug wird. Die Gruppe sucht das Experiment in der Verbindung von Komposition, Video, Sensorik, Objekt, Augmented Reality und Live-Performance.
Festivalleitung: Nicole Libnau, Kulturamt Mannheim, [email protected] oder unter 0621 293 9367.
www.theaterfestival-schwindelfrei.de