Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bezüglich der Ausübung eines Vorkaufsrechts für ein bislang unbebautes Grundstück in Neuhermsheim will die Stadt Mannheim in Berufung gehen.
Die Stadt Mannheim hat im Februar 2021 im Zuge eines Gemeinderatsbeschlusses erstmals bei einem privaten Wohnbaugrundstück in Neuhermsheim von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Da es sich an dieser Stelle um einen alten Bebauungsplan handelt, ist die Quote für preisgünstige Mieten für Bauherren bauplanungsrechtlich nicht verpflichtend geregelt. Der Erstkäufer hat gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts Klage eingereicht und vom VG Karlsruhe Recht bekommen. Mit der Berufung will die Stadt Mannheim nun den Rechtsweg in der nächsthöheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, weiter bestreiten.
„Schon beim Gemeinderatsbeschluss war klar, dass wir rechtliches Neuland betreten. Es gibt keine Rechtsprechung und kaum Kommentierung zur Frage, ob das Vorkaufsrecht mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ausgeübt werden kann. Deshalb sehen wir es weiterhin als unsere Pflicht an, für die Sache zu kämpfen. Unser Ziel ist es, so viel bezahlbaren Wohnraum wie möglich zu schaffen – wenn dies nicht von Investoren selbst realisiert wird, müssen wir regulierend in den Markt eingreifen können. Gerade in einem Stadtteil wie Neuhermsheim fehlt die soziale Durchmischung und ein Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen“, bewertet der für Bauen und Stadtentwicklung zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer das Urteil.
Das VG Karlsruhe hat der Stadt Mannheim zwar Recht gegeben, dass sie das Vorkaufsrecht nicht preislimitiert ausgeübt hat, sondern zu dem zwischen Erstkäufer und Verkäufer vereinbarten Kaufpreis. Zudem ist das Urteil der Auffassung der Stadt gefolgt, dass sie das Vorkaufsrecht nur bezüglich eines der drei gleichzeitig veräußerten Grundstücke ausüben durfte.
Die Gründe, weshalb das Gericht das Vorkaufsrecht abgelehnt hat, sieht die Stadt nicht gegeben. Gemäß § 24 Absatz 3 Baugesetzbuch steht der Stadt ein Vorkaufsrecht zu, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Durch den Erstkäufer würden zwar auch Wohnungen entstehen. Dem städtebaulichen Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wäre damit aber nicht Rechnung getragen. Mit dem Baulandmobilierungsgesetz hat der Gesetzgeber erst jüngst im Baugesetzbuch klargestellt, dass die Deckung eines Wohnbedarfs in einer Gemeinde dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann. Dies hat im Urteil des VG Karlsruhe keine Berücksichtigung gefunden.
Das Gericht kritisierte ferner, dass der Gemeinderat in seiner Entscheidung kein Ermessen ausgeübt habe, sprich die Belange aller Parteien – auch die des Erstkäufers – nicht ausreichend abgewogen worden seien. Diese Formalität hält die Stadt für eine Erschwernis für die kommunalen Handhabe – vor allem, da das Gericht gleichzeitig bestätigt, dass die Stadt in ihren Bescheiden, die auf den Gemeinderatsbeschluss folgten, das Ermessen sehr wohl rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
„Die ausführliche und kontroverse Diskussion im Gemeinderat, die zum Beschluss geführt hat, beweist, dass die Stadträtinnen und Stadträte diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben. Diese Rechtsfrage muss daher in höherer Instanz geklärt werden. Ansonsten existiert schlicht kein Vorkaufsrecht zu Gunsten bezahlbaren Wohnraums. Dies widerspräche sowohl dem Sinn des Gesetzes als auch allen bundes- und landespolitischen Zielen – und auch unserem städtischen Leitbild – dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen“, resümiert Eisenhauer.
Die Angebote der Stadt, sich auf einen Kaufpreis bezüglich des einen Grundstücks zu einigen oder alle drei Grundstücke zu erwerben, hat der Kläger abgelehnt.
Quelle: Stadt Mannheim