Damit es wieder „läuft“ im Leben
Weinheim. Es sind keine Szenarien aus Berlin oder Hamburg, es gibt sie auch im beschaulichen Rhein-Neckar-Kreis und sogar im gediegenen Weinheim: Junge Menschen, die kein Zuhause haben, keine Tagesstruktur, einen Job sowieso nicht; dafür manchmal die falschen Freunde. Junge Männer und Frauen, die größte Mühe haben, durch den Tag zu irren – und keine Energie aufbringen, ihr Leben zu ordnen. Oft sind sie obdachlos, drogenabhängig, einige werden kriminell. Eine Perspektive haben sie in diesem ihren Leben nicht. Viele haben in jungen Jahren schon abgeschlossen; alleine schaffen sie es nicht, ihre Probleme in Angriff zu nehmen.
„Wenn Du gerade gar keinen Plan hast“, heißt es in einem Flyer von „Läuft?!“, „finden wir zusammen heraus, was Du kannst, und wir erarbeiten mit Dir, wie es für Dich weitergehen kann“. „Läuft?!“ – das ist das jüngste „Kind“ der Regionalen Jugendagentur „Job Central“ in Weinheim, jener Organisation, die es jungen Menschen leichter macht, in einen Beruf hineinzuwachsen.
Was aber ist mit denen, die vor Hilfe und Unterstützung zunächst zurückscheuen? Vielleicht, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben: im Elternhaus, in der Schule, im Freundeskreis, mit Behörden? Und jenen, die auf der schiefen Bahn balancieren und längst verbittert die Hoffnung auf ein geregeltes Leben aufgegeben haben?
Diese jungen Menschen brauchen mehr als die übliche Berufshilfe. Sie brauchen sozialpädagogischen, therapeutischen und nicht selten auch medizinischen Beistand, jemanden, der sie „an der Hand nimmt“ und um ihr Vertrauen wirbt. Sie brauchen einen Menschen, der sie respektiert und unterstützt.
In der Weinheimer Bahnhofstraße, im Haus der Jugendarbeit, in dem auch Job Central seine Büros hat, sitzen Tina Haas und Felix Rothenbacher in einem hellen Büro mit großen Fenstern. Neben den Festnetz-Telefonen liegen ihre Handys; alle vier klingeln fast im Takt. Seit 1. Januar 2019 gibt es „Läuft?!“ in Weinheim, parallel zu anderen Stationen an weiteren Großen Kreisstädten des Rhein-Neckar-Kreises in Schwetzingen, Wiesloch und Sinsheim. Trotz vieler bereits bestehender Sozialprojekte für Jugendliche und der Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt war nicht abzusehen, dass der Bedarf hier in der Region so enorm ist. 30 Fälle sollten 2019 bearbeitet werden, vor Weihnachten waren es schon fast 45.
Felix Rothenbacher telefoniert mit einer jungen Frau, die – mitten im Winter – die Nacht in einem Zelt verbracht hat. Sie ist verzweifelt und weiß nicht weiter. Rothenbacher beruhigt sie „Komm vorbei, wir kümmern uns.“ Wer in „Läuft?!“ ist, der hat nicht nur ein Problem, der Schuh drückt an vielen Stellen. „Wir schicken niemanden weg und helfen an der Stelle, wo die Jugendlichen uns brauchen“, beschreibt Tina Haas.
Die „berufliche Integration“ ist das oberste Ziel der Einzelfall-Betreuung, die Tina Haas und Felix Rothenbacher in Weinheim leisten. Jedoch geht es häufig zunächst um andere Themen.
„Läuft?!“ arbeitet an vielen Schnittmengen menschlicher Notlagen. Ein funktionierendes Netzwerk an Fachstellen, wie der Wohnungslosenhilfe, der Suchtberatung, Therapeuten, Kliniken, der Polizei und Behörden hilft Haas und Rothenbacher, die richtigen Ansprechpartner für jede Notlage zu finden. „Es gibt für unsere Jugendlichen keinen vorgeschriebenen Weg“, sagt Rothenbacher, „denn jeder ist anders, individuell“. Ein kurzes Telefongespräch öffnet mitunter Türen.
Tina Haas und Felix Rothenbacher bringen in ihre Aufgabe neben der fachlichen Qualifikation diese Netzwerk-Fähigkeit mit und das „Herzblut“, in jedem Jugendlichen einen Funken Hoffnung zu sehen.
Rein theoretisch ist die Unterstützung in drei Phasen geteilt, denn bei der Jugendagentur herrschen fundierte Arbeitsabläufe: Eingangsanamnese, laufende Begleitung, Nachbetreuung. Aber das steht auf dem Papier. Jeden Fall schauen sich die beiden Kollegen genau an. Hinter jedem steckt ein junger Mensch, der eine oft tragische Geschichte mitbringt und in Not ist. Aber „Läuft?!“ gibt Hoffnung, denn hier wird nach vorne geschaut, Perspektiven aufgebaut, damit es wieder läuft.
Kontakt: Tina Haas, Telefon oder WhatsApp 0176 74712248, Mail [email protected]
Felix Rothenbacher 0176 45808967, [email protected]
Finanziert wird das Projekt durch den Europäischen Sozialfond, Jobcenter Rhein-Neckar-Kreis und Jugendhilfswerk Wiesloch e.V.