„Dafür ist die Demokratie gemacht“
Weinheim. Die Große Kreisstadt Weinheim steht zu einer behutsamen Ausweisung von neuen Gewerbegebieten und damit zur Entwicklung von Unternehmen am Wirtschaftsstandort Weinheim. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Mittwoch den Bebauungsplan für das rund elf Hektar große Gebiet „Hintere Mult“ als Satzung beschlossen; der Aufstellungsbeschluss war bereits im April 2017 gefallen. Seit 2004 befindet sich das Areal als mögliches Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan. Das Gebiet schließt sich an ein bereits bestehendes Gewerbegebiet im Südwesten der Stadt an.
Die Weinheimer Landwirte, die mit einer Baulandumlegung ihre Bewirtschaftungsfläche verlieren, erhalten an anderer Stelle eine Ersatzfläche. Bürgerinitiativen und Landwirte hatten vor dem Rolf-Engelbrecht-Haus für den Erhalt der „Hinteren Mult“ als Landwirtschaftsfläche demonstriert.
Weinheims neuer Oberbürgermeister Manuel Just gehörte in seiner ersten Gemeinderatssitzung zu den Befürwortern der Gewerbeentwicklung. In seiner Argumentation wägte er ab: „Auch nach meinem Verständnis gibt es gute Gründe, eine mögliche Flächeninanspruchnahme kritisch zu hinterfragen“, bekannte er. Städte und Gemeinden – speziell in den Ballungsräumen um die Großstädte Baden-Württembergs – seien in den letzten Jahrzehnten dabei oftmals wenige sensibel vorgegangen.
Anders verhalte es sich mit Blick auf die jüngere Vergangenheit aber bei der Stadt Weinheim. Für ihn der Beleg: Von den im Flächennutzungsplan ausgewiesenen rund 51 Hektar wurden lediglich zehn Hektar tatsächlich entwickelt. Just: „Dies spricht für einen sensiblen und verantwortungsbewussten Umgang mit Flächen.“ Ungeachtet dessen, erklärte er, „bin ich dennoch der Überzeugung, dass wir uns tatsächlich auf einer Art Zielgeraden befinden, was das Thema Flächenverbrauch angeht“.
Übertragen auf die „Hintere Mult“ müsse klar sein, dass dort später ansässige Firmen möglichst viele Arbeitsplätze schaffen – im Übrigen auch im Niedriglohnsektor, der für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Aufgabenstellung der Integration eine gewisse Bedeutung habe. Nun gelte es, expansionsfreudige Weinheimer Firmen zu halten und zukunftsorientierte auswärtige Firmen im Sinne eines perspektivisch sinnvollen Branchenmixes ein Angebot zur Ansiedlung zu unterbreiten.
Konkret sprach der OB von 19 bei der Stadtverwaltung hinterlegten Interessensbekundungen von expansionswilligen Firmen, 17 davon kommen aus Weinheim selbst. Just: „Um es klar zu sagen: Die Gefahr, dass diese Unternehmen den Standort Weinheim ohne Perspektive verlassen würde, sie ist real und keineswegs vorgeschoben.“ Er sehe Vorteile für den Arbeitsmarkt und damit für das soziale Gefüge in der Stadt sowie die Sicherung und die Stabilisierung der kommunalen Ertragsstruktur.“ Die nachhaltige finanzielle Ausstattung war auch ein Thema am Ratstisch; das wachsende Weinheim brauche stabile Steuereinahmen zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur – und damit der Wohnqualität.
Just erklärte grundsätzlich: „Ich darf an dieser Stelle nochmals betonen, dass beide Seiten – Befürworter und Kritiker – gute, um nicht zu sagen sehr gute Gründe ins Feld führen konnten, um für ihre Position zu werben.“ Aber: Genau für solch‘ einen Fall ist nach meinem Verständnis die Demokratie gemacht.“