„Gemeinderat for future“
Weinheim. Was den Umwelt- und Klimaschutz angeht, ticken die Uhren auch im Weinheimer Gemeinderat spätestens seit dem vergangenen Jahr anders. Schneller. Vor dem Tagesordnungspunkt „Klimaschutzmaßnahmen“ verlor die „Stunde der Fraktionen“ und die Verabschiedung des 2020er-Haushaltsplanes fast ein bisschen an Bedeutung. Das Gremium verabschiedete mit einer Priorisierung und einer Umsetzungsliste ein „Klimaschutzpaket“ mit insgesamt rund 80 Einzelpunkten – wobei die Verwaltung dokumentieren konnte, dass einige Projekte und Maßnahmen bereits im Gange sind.
Aus einem für das Haushaltsjahr 2025 vorsorglich eingestellten Klimaschutz-Topf von 250 000 Euro wurden in einer ersten Charge 25 000 Euro für Sofortmaßnahmen bereitgestellt.
Es handelt sich also um ein echtes Klimaschutz-Paket, das der Gemeinderat nach mehreren Vorberatungen in einer Klimaschutz-Taskforce auf den Weg gebracht hat.
Im Zentrum steht die Teilnahme am EuropeanEnergy Award, einem Wettbewerb, der auch als Steuerungsprogramm für kommunale Klimaschutzmaßnahmen dient. In diesem Zuge ist die Einstellung eines Klimaschutzmanagers (mindestens mit einer halben Stelle) vorgesehen. Dem Gemeinderat ging in Teilen eine halbe Stelle nicht weit genug, so dass weitere 50 Prozent einer Stelle zumindest einmal im Stellenplan angelegt sind.
Bei Gemeinderats-Entscheidungen soll eine zusätzliche Rubrik „Nachhaltigkeit oder Klimaauswirkungen“ in die Sitzungsvorlagen eingearbeitet werden. Ziel ist es, die Beschlussvorlagen für die gemeinderätlichen Gremien um einen Prüfpunkt „Nachhaltigkeit/Klimarelevanz“ zu ergänzen.
Noch ein zentraler Punkt: Eine Baumschutzsatzung mit der Bäume mit einem bestimmten Stammumfang außerhalb des Waldes unter Schutz gestellt werden. Die wird außerdem an der 1000-Bäume-Initiative der kommunalen Landesverbände teilnehmen, eine Neuverpachtung von städtischen Flächen soll nur unter der Vorgabe erfolgen, dass Pestizide und Fungizide nicht eingesetzt werden dürfen.
Die einzelnen Maßnahmen sind vielfältig und von ganz unterschiedlicher Größenordnung. Ein „großer Brocken“ ist sicher ein Richtungswechsel bei der Photovoltaik-Versorgung des neuen Schulzentrums West mit seiner Sporthalle; dort wurden jetzt vorbereitende Maßnahmen für ein Solardach im Haushalt verankert. Grundsätzlich soll das Energiecontrolling sowie eine energetische Bewertung der städtischen Immobilien weiter ausgebaut werden. Fahrradständer, bessere Fahrradwege und besonders Schulradwege sollen ausgebaut werden. Die Förderung der Radschnellwege Weinheim-Mannheim und Heidelberg-Darmstadt hatte der Gemeinderat schon vor ein paar Wochen beschlossen. Neue Ladesäulen für E-Autos werden 2020 durch die Stadtwerke Weinheim eingerichtet, später auch in den Weinheimer Ortsteilen. Sobald bei der Stadt ein neues Auto gekauft wird, wird geprüft, ob es auch ein Elektrofahrzeug sein kann.
Schon in den nächsten Tagen wird die Stadt ihre Aufklärungskampagne „Blühende Gärten“ verstärken und prüfen, ob sie in Bebauungsplänen ein Verbot von Schottergärten aufnehmen kann. Der Einsatz von Motor-Laubbläsern wird im Stadtgebiet untersagt. Der Bauhof stellt auf elektrisch betriebene Geräte um.
Außerdem: Die für Bürger kostenlosen Beratungen im Rahmen der Photovoltaikinitiative werden auch in 2020 angeboten. Die Stadt prüft nochmals, auf welchen städtischen Dächern eine städtische Photovoltaikanlage für den Eigenverbrauch errichtet werden kann und welche Dächer für eine Volleinspeisung verpachtet werden können.
Einweggeschirr wird von allen städtischen Veranstaltungen verbannt. Vereine, Schulen oder Kindergärten bekommen einen städtischen Zuschuss, wenn sie ihr Geschirr selbst spülen und damit auf Wegwerfgeschirr verzichten. Für das Zuschussprogramm sollen 5000 Euro im Haushalt auf der Kostenstelle „Vereinsförderung“ vorgesehen werden.
Der Betrieb von Gas-Heizpilzen soll untersagt oder zumindest empfindlich berechnet werden. Die Verwaltung erarbeitet außerdem eine Satzung, die das unachtsame Wegwerfen im öffentlichen Raum mit einer Geldbuße ahndet. Ein individuell gestalteter „Weinheim-Mehrwegbecher“ wird gerade entwickelt.
Ganz konkret betrifft einzelne Bürgerinnen und Bürger dieser Beschluss:
Installation von Solar-Balkonmodulen soll mit 50 Euro pro Modul bezuschusst werden. Diese Balkonmodule können relativ einfach am Balkongeländer befestigt werden, so dass auch Bewohner von Mehrfamilienhäusern Solarstrom selbst erzeugen können. Die Module werden über eine Steckdose direkt an das Hausnetz angeschlossen. Der erzeugte Strom kann direkt verbraucht werden.