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Weinheims Finanzen sind krisenfest

1. Dezember 2022 | Das Neueste, Leitartikel, Weinheim

Der neue Haushaltsplanentwurf für 2023 kommt ohne Kreditaufnahme und ohne eine Erhöhung von Steuern und Gebühren aus – OB Just fordert bessere Finanzausstattung der Kommunen

Weinheim. Die Große Kreisstadt Weinheim kommt wirtschaftlich bislang unbeschadet durch die diversen Krisen. Das ist das Fazit des Haushaltsplanentwurfs für das Jahr 2023, den Oberbürgermeister Manuel Just und Kämmerer Jörg Soballa am Mittwochabend im Gemeinderat eingebracht haben. Die Folge ist, dass die Stadt im nächsten Jahr ohne eine Erhöhung von Steuern und Gebühren auskommt – und somit die Bürgerinnen und Bürger in dieser ohnehin schwierigen Zeit schonen kann. Eine Neuverschuldung ist nicht erforderlich, im Gegenteil: Der Kämmerer kann Schulden abbauen: Konkret von 27,42 Millionen um rund 1,6 Millionen auf rund 25,9 Millionen Euro. Das entspricht dann einer Pro-Kopf-Verschuldung von 569 Euro (zuvor 603 Euro).

Soballa machte deutlich, dass sprudelnde Steuereinnahmen der Hauptgrund für die aktuell erfreuliche Entwicklung ist. Für das Jahr 2022 erwartet die Stadt eine Gewerbesteuer-Rekordsumme von 50 Millionen Euro, für 2023 sind 42 Millionen eingeplant. Allerdings warnten er und OB Just vor Euphorie. Einiges, was jetzt positiv zu Buche schlage, seien einmalige Ereignisse.

Soballa rechnete vor: „In 2024 rechnen wir mit einem Minus von rund 17 Millionen  Euro, in 2025 mit einem Minus von rund sieben Millionen Euro und in 2026 mit einem Minus von rund 2,4 Millionen Euro.“

Kritik an „ständig neuen Rechtsansprüchen“

Oberbürgermeister Manuel Just sparte bei seiner Einbringung entsprechend nicht mit Kritik an der Bundes- und Landespolitik. Er monierte, dass es „ständig neue Rechtsansprüche, zusätzliche technische und soziale Standards, neue Umsatzsteuerregeln sowie ständig steigende Anforderungen“ an die

Haushaltswirtschaft der Kommunen gebe. Just: „So wird das nicht funktionieren – nicht heute und schon gar nicht morgen.“

Die finanziellen Verpflichtungen der Kommune erklärten der OB und sein Kämmerer anhand der Kinderbetreuung. Sie machen einen großen Teil der so genannten „Transferaufwendungen“ aus – den mit Abstand größten Posten auf der Aufwandseite. Betrug der Ansatz 2022 noch 60,9 Millionen Euro, plant der Kämmerer für 2023 mit 63,5 Millionen Euro. Die größte Steigerung gibt es bei den Zuschüssen an die Kitas mit 1,145 Millionen Euro.

Der OB verwies darauf, dass bei dem geplanten Neubau des Kindergartens „Am Markusturm“ die zuletzt eingeplanten Mittel mmer noch nicht ausreichen.

Statt 3,4 Millionen. Euro sind nunmehr knapp 4,4 Millionen Euro veranschlagt.

Finanzwirtschaftlich noch unerfreulicher stelle sich die Neubaumaßnahme einer

Sport-Kita der TSG im Sportzentrum dar. Dazu müsse die Stadt noch viel stärker in die Schatulle greifen als bis dato angenommen. Statt bislang eingeplanter 4,23 Millionen Euro ist man inzwischen bei 7,632 Mio. Euro angelangt. Der OB bekräftigte aber auch: „Mit Blick auf die deutliche Erweiterung des Angebotsportfolios in Weinheims Kindergartenlandschaft bin ich froh, dass wir uns hier im Haus vor wenigen Tagen mehrheitlich dazu bekannt haben.“

Insgesamt muss die Stadt heute schon Betriebskostenzuschüsse an die freien und privat-gewerblichen Träger in Höhe von 14,3 Millionen Euro einplanen – und das Jahr für Jahr.

Die Kritik des Rathauschefs am Beispiel der Grundschulbetreuung: „Obwohl der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung an Grundschulen gesetzlich verankert wurde und damit das Konnexitätsprinzip greift, bedeutet das noch lange nicht, dass die Kommunen nicht auf Kosten sitzen bleiben.“ Grundsätzlich gelte: Die kommunalen Kosten für die Grundschulbetreuung seien in den letzten Jahren stetig gestiegen, ohne dass das Land die Kosten mitträgt.

Nächster Abschnitt DBS-Halle und Viktor-Dulger-Bad

Die mit Abstand größte Einzelmaßnahme im Haushaltsplanentwurf 2023  ist der zweite Bauabschnitt bei der Sanierung der Sporthalle der Dietrich-Bonhoeffer-Schule mit zwei Millionen Euro. In 2024 werden dafür weitere 3,45 Millionen Euro benötigt.

Für die Sanierung des Viktor-Dulger-Bades in Hohensachsen stehen in den nächsten drei Jahren 5,9 Millionen Euro in der Planung.

Just betonte: „Dass uns die Kinder, damit auch deren Eltern wichtig sind, ist nicht nur an den großen Anstrengungen abzulesen, die wir in der Kinderbetreuung und im Bildungsbereich leisten. Wir geben kontinuierlich- so finde ich zumindest – ganz ordentliche Beträge für unsere Kinderspielplätze aus. Auch der Bolzplatz in Oberflockenbach ist nunmehr an der Reihe.“

Auch weiterer Wohnraum für Geflüchtete schlägt sich in der Haushaltsplanung nieder. Der Neubau eines Wohngebäudes am schon bekannten Standort Schleimweg in Sulzbach wurde erneut in den Haushaltsplanentwurf 2023 eingestellt. Um schon im nächsten Jahr handlungsfähig zu sein, hat die Stadt einen Ansatz für die Erweiterung der Containeranlage in der Gorxheimer Talstraße in den Entwurf eingestellt. Für kurzfristige Umnutzungen von Räumlichkeiten ist ein gesonderter Ansatz von 250 000 Euro im Budget der Gebäudeunterhaltung vorgesehen.

Auch bei der Feuerwehr bleibe man am Ball, betonte Just. Hier steht unter anderem die Ersatzbeschaffung einer Drehleiter mit Korb an. Hierfür sind in den nächsten beiden Jahren 750 000 Euro eingeplant. Für den Ausbau weiterer barrierefreier Bus-Haltestellen sind in den nächsten beiden Jahren insgesamt weitere 1,4 Millionen Euro eingeplant.

Im Detail: Der Haushaltsplanentwurf 2023 schließt im Ergebnishaushalt mit ordentlichen Erträgen von 153 056 752 Euro und ordentlichen Aufwendungen von 153 490 007 Euro ab. Für einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt fehlen der Stadt also 433 255 Euro.

Just verwies darauf, dass die Stadt beim Baugebiet Allmendäcker nacharbeiten müsse. Hierdurch verschiebe sich der Verkauf eines Großteils der städtischen Grundstücke. Die aktuelle Personalkostenhochrechnung des Jahres 2023 liegt bei rund 42,3 Millionen Euro. Das ist eine Steigerung zu 2022 von zwei Millionen Euro – das entspricht fünf Prozent. Er erklärte: „Die sehr konstruktive Diskussion im Personalausschuss hat meines Erachtens gezeigt, dass wir damit nicht überzogen haben, sondern nur unumgängliche Stellenmehrungen und personalrechtlich notwendige Maßnahmen vorschlagen.“

17 Millionen Euro Minus in 2024

Auch Kämmerer Jörg Soballa mahnte trotz der aktuell entspannten Situation weitere Sparsamkeit an. „Ohne die geplanten Grundstücksverkäufe im Erschließungsgebiet Allmendäcker wäre ein Finanzierungsmittelüberschuss nicht möglich gewesen“, betonte er. Und ergänzte: „Wir alle wissen, dass die Stadt Weinheim über keine weiteren Grundstücke verfügt, die auch nur im annähernd ähnlichen Umfang wie Allmendäcker zu verwerten sind.“

Nicht gerade hoffnungsvoll hören sich daher die Berechnungen des Kämmerers für die nächsten Jahre an. „In 2024 rechnen wir mit einem Minus von rund 17 Millionen Euro, in 2025 mit einem Minus von rund sieben Millionen Euro und in 2026 mit einem Minus von rund 2,4 Millionen Euro.“

Dabei seien die für die Folgejahre zu erwartenden großen Investitionen noch nicht

oder nicht vollständig eingeplant. So sind bislang nur Planungsraten für das eine Sanierung des Rolf-Engelbrecht-Hauses und mehrere Kindertageseinrichtungen einkalkuliert. Weitere Projekte wie die Fortsetzung der Sanierung des Wohnungsbestands in der Mannheimer Straße, die Weiterentwicklung im ÖPNV, aber auch der Hochwasserschutz werden, schätzt der Kämmerer, ebenfalls in die Millionen gehen.

Oberbürgermeister Just war eingangs seiner Haushaltsrede auch auf die wirtschaftliche Großwetterlage eingegangen. „Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Bei den horrenden Beträgen, die die Bundesregierung fast täglich aufruft, wird mir ganz schwindlig. Schon jetzt stellt sich mir die Frage: Wer soll das später alles bezahlen“, so der Rathauschef. Just: „Damit Sie mich nicht falsch verstehen, auch ich freue mich über die zahlreichen Angebote unseres Staates. Wenn jedoch klar wird, dass wir aus Angst davor, nicht mehr gewählt zu werden, den Menschen nahezu alles erfüllen, ohne dabei die finanziellen und personellen Ressourcen im Blick zu behalten, dann werden wir diesen Staat sprichwörtlich an die Wand fahren.“

Die politischen Gremien steigen jetzt in die Haushaltsberatungen ein, die Beratung und Verabschiedung durch den Gemeinderat erfolgt am 8. Februar und am 1. März 2023.

Quelle: Stadt Weinheim

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